Daniel Cil Brecher

Zwischen Stigma und Identität. Antisemitismus, Israel und die Juden in Deutschland.

In Publikationen on August 18, 2020 at 10:39 am

in: Wolfgang Benz (Hrsg.) Streitfall Antisemitismus. Anspruch auf Deutungsmacht und politische Interessen. Berlin (Metropol Verlag) 2020, S.33-60

Wer dieser Tage in Israel Fernsehen oder Radio einschaltet, wird den Werbespot „Spür die Kraft“ bemerkt haben. Ein deutscher Automobilhersteller preist damit seine neusten Modelle für den täglichen Überlebenskampf im israelischen Straßenverkehr an. Die Werbung, die von „strengen deutschen Standards“ und von „120 Jahren kompromissloser deutscher Qualität“ spricht, endet im Slogan „Geboren in Deutschland!“.(1) Vor einigen Jahrzehnten hätte „deutsch“ in Israel noch ganz andere Assoziationen hervorgerufen. Auch in vielen anderen Ländern lässt sich ein ähnlicher Wandel verzeichnen. Das allmähliche Verblassen des Stigmas „deutsch“ wurde von einem Projekt begleitet, das wir als „Vergangenheitsbewältigung“ kennen. Diese bundesrepublikanische Auseinandersetzung von Staat und Zivilgesellschaft mit Nationalsozialismus und Holocaust gilt inzwischen als internationaler Qualitätsstandard für die kollektive Beschäftigung mit staatlichen Verbrechen.

Bereits vor dreißig Jahren verglich der Niederländer Ian Buruma die Vergangenheitsbewältigung Japans mit den deutschen Bemühungen und kam zu wenig schmeichelhaften Schlussfolgerungen für den Staat im Pazifik. In der Bundesrepublik traf Buruma 1991 auf Menschen, die intensiv mit den schwierigen Fragen von Politik und kollektiver Verantwortung rangen. Buruma bewunderte das politische Engagement der Zivilgesellschaft und meinte selbst eine religiöse Komponente in der „Betroffenheit“ zu entdecken, die weit über politische Zwecke hinauszugehen schien.(2) 2019 machte die in Berlin wohnende US-Amerikanerin Susan Neiman vergleichbare Beobachtungen und kam zu ähnlichen Ergebnissen. Sie verglich die US-amerikanische Anstrengungen, sich mit Sklaverei und der langen, immer noch virulenten Geschichte des Rassismus auseinanderzusetzen, mit denen der Bundesrepublik und empfahl ihren amerikanischen Landsleuten, von den Deutschen zu lernen.(3)

Mit dem Projekt der Vergangenheitsbewältigung entstand in der Bundesrepublik auch ein Gespräch über Juden, Israel und Antisemitismus, das den Wunsch nach einer Überwindung des Stigmas „deutsch“ wiedergab. Dabei entwickelten sich Wunschbilder von Juden und vom jüdischen Staat, die spezifisch deutsche Züge trugen und das Gespräch in der Bundesrepublik bis heute beeinflussen. Diese „Hinwendung“ zu Israel und zu Juden wurde zu einem wichtigen Element der neuen politischen Identität der Bundesrepublik und ihrer Eliten, und zum Symbol der West- Orientierung und des erfolgreichen Wandels zu Demokratie, Toleranz und Liberalismus.

Einigen Elementen dieses Gesprächs will ich Folgenden nachgegen. Zuallererst sind da die Konstruktionen von „deutsch“ und „jüdisch“, die als eine der auffallendsten Konstanten auch nach 1945 das Gespräch weiter bestimmten. Diese Unterscheidung von „Deutscher“ und „Jude“ entsprach Ideen des 19. Jahrhunderts über Nation und Volk, tradierte die politische und soziale Funktion von „Jude“ und damit auch die Ideen über positive und negative Eigenschaften, die Juden zugeschrieben werden. Nach 1945 wurde dieses traditionelle Bild durch die Tabuisierung des Antisemitismus hauptsächlich durch das “Othering” des Philosemitismus, durch Idealisierungen und die ostentative Zuwendung zu Juden und Israel aufrechterhalten. Dieses für das Gespräch über Juden, Israel und Antisemitismus auch heute noch wichtige Element enthält eine Botschaft, die auch der Antisemitismus verbreitet: Juden sind anders, Juden sind nicht “wir”. Ein wichtiger Faktor: Auch auf jüdischer und israelischer Seite wurden die Idealisierungen begrüßt und besonders das Wunschbild von Israel hartnäckig verteidigt. Diese besondere Positionierung von Israel und Juden in der Bundesrepublik als „Juden“ (Brian Klug 4) und die Wiederbelebung jüdischer Alterität im Prozess der Vergangenheitsbewältigung hatten große Folgen.

Durch die Hinwendung der Bundesrepublik zu Israel und die Resonanz der Vergangenheitsbewältigung in Israel entstanden bemerkenswerte geschichtspolitische Konvergenzen und komplementäre Verständnisse von Staatsraison. In der Bundesrepublik wie Israel trugen geschichtspolitische Aufträge, die sich aus dem Holocaust herleiten, zur Legitimierung von Politik und besonders zur Rechtfertigung des israelischen Exzeptionalismus bei. Dieser Exzeptionalismus stellt eine spezifisch israelische „Vergangenheitsbewältigung“ dar und stößt wegen der gemeinsamen kollektiven Identitätskonstruktionen gerade in der Bundesrepublik auf Zustimmung. Die Partnerschaft schuf allerdings auch manche Spannungen bei der reziproken geschichtspolitischen Imagepflege.

Ein weiteres Element ist das Gespräch über Antisemitismus unter Juden in Deutschland und die Wirkungen des israelischen Antisemitismus-Narrativs. In den letzten 20 Jahren haben sich sowohl in der Bundesrepublik wie in Israel die Verständnisse von Antisemitismus stark ausgeweitet und radikalisiert. Antisemitismus wird nicht mehr allein als eine Bedrohung der Juden in der Diaspora verstanden, sondern als eine Gefahr für Israel. Dort hat sich das Antisemitismus-Narrativ inzwischen zu einem umfassenden Feindbild entwickelt, das u.a. jüdische Kritiker israelischer Politik und Protagonisten liberaler Ideen von Staat und Gesellschaft einschließt. Diese Israelisierung des Antisemitismus-Verständnisses hat die Wahrnehmungen unter Juden in der Diaspora nicht nur stark beeinflusst, sondern auch das gesellschaftliche Gespräch über Antisemitismus erheblich erschwert.

1. Juden als die „Anderen“.
Eine der Eigenheiten des modernen, bundesdeutschen Gesprächs über Juden und Antisemitismus ist das Fortleben eines traditionellen Verständnisses von „deutsch“ und „jüdisch“ als separate ethnische und kulturelle Identitäten. Diese Abgrenzung schöpft aus einem Katalog von nationalistischen und rassistischen Ideen des 19. und 20. Jahrhunderts, in denen Juden als ontologisch „anders“ erscheinen, als ewig fremd und „zersetzend“, aber auch als eine Gruppe, die eine „Achtung gebietende Kraft“ besitzt und Bewunderung verdient.(5) Diese Vorstellung von „Juden“ zögerte im 19. Jahrhundert die rechtliche Gleichstellung von Juden heraus, verlieh einer lautstarken antisemitischen Opposition Legitimität, die gegen die Aufnahme von Juden in das “deutsche Volk“ agitierte, und schuf den bleibenden Mythos der kulturellen Unvereinbarkeit und Fremdheit. In den zwölf Jahren nationalsozialistischer Herrschaft bildeten diese Traditionen die ideologische Grundlage für die Vernichtung des europäischen Judentums. Nachdem die Rolle des „Jüdischen“ in der Definition des „Deutschen“ generationenlang Identität und Kontinuität gestiftet hatte, blieb sie offenbar auch in den Krisen der Nachkriegszeit weiter wichtig. Der Neubeginn von 1945 hatte in dieser Hinsicht nur den Effekt, diese Haltungen und Gefühle in den Untergrund zu treiben. Politiker sprachen nun von „jüdischen Menschen“ und hofften, die negative Konnotation von „Jude“ und das völkische Denken, das dahinterstand, zu überdecken. Wer “Jude“ war, konnte auch weiterhin kein “Deutscher“ sein und umgekehrt. Das alte Gegensatzpaar wurde gleichzeitig durch eine neue, zusätzliche Bedeutung von “Opfer“ und “Täter“ in eine politisch korrekte Form gebracht, die jüdischer Alterität neue Legitimität und ein neues Leben verlieh.

Bei der Feierstunde einer Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit sprach Bundespräsident Theodor Heuss Ende 1949 von der „suggestiven Wiederholung“, die es unmöglich mache, das Wort „Jude“ auszusprechen. Das Wort wurde durch den adjektivischen Gebrauch umgangen, zum Beispiel in Zusammenhang mit „Mitbürger“. Die traditionelle Vorstellung von „Jude“ trat in der Öffentlichkeit nur noch in Form philosemitischer Umkehrungen zum Vorschein. Der Heidelberger Dekan Hermann Maas, der als Mitglied des Pfarrernotbunds und der Bekennenden Kirche vom NS-Staat 1944 in ein Arbeitslager nach Frankreich deportiert worden war, schrieb: „Jüdischer Mensch sein bedeutet ein Leid tragen, das [von Christen] mitgelitten werden muss.“ Hermann Maas war der erste deutsche Kirchenvertreter, der 1949 auf Einladung Jerusalems Israel besuchte. Er schrieb 1952 vom „jüdischen Menschen als Mysterium“, der durch das „geheimnisvolle, unauslöschliche Leid“ zu einer „besonderen Geistigkeit“, einem „feinsinnigen Menschentum“ und zu einem „tiefen Empfinden für Gerechtigkeit, Güte, Gastfreundschaft und Milde“ gelangt sei.(6)

Von jüdischer Seite wurden diese realitätsfernen philosemitischen Konstruktionen zu einem gewissen Grad erwidert. Der in Düsseldorf ansässige Landesrabbiner Robert Geiss drückte das in den Fünfzigerjahren bei der Einweihung eines Gedenksteins für Naziopfer auf dem jüdischen Friedhof so aus: „[Hitler] nahm uns sehr ernst, wahrlich blutig ernst, ernster als wir uns selbst nehmen wollten. […] Der Jude, das war für ihn der Mensch, aus dem in jedem Augenblick die Visionen der Propheten wieder auferstehen konnten, […] der Mensch, der nicht müde wurde, an eine Welt der Gerechtigkeit und des Völkerfriedens zu glauben.“ Geiss schloss mit der Feststellung: „Als Geschöpfe und Bekenner Gottes mussten wir der Staatsfeind des Dritten Reiches sein, und in all unserem Leid sagen wir noch heute „ja“ dazu“. (7)

Der Sozialdemokrat Ludwig Rosenberg, der spätere Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes, von den Nazis als Gewerkschaftler und Jude verfolgt, schrieb 1957 ähnliches: „Es war das Schicksal der Juden, stellvertretend für alles Menschliche, die besondere Zielscheibe des Hasses der Unmenschen zu werden. In den brennenden Synagogen traf man nicht allein die Bethäuser einer Glaubensgemeinschaft, sondern den Glauben an ewige Werte schlechthin.“ (8)

Dieser Mythos von Juden als Vertreter der „ewigen Werte“ und als „Staatsfeinde“ des Bösen war wegen der entmenschlichenden Hetze im Nationalsozialismus nicht unwillkommen. Er enthielt allerdings auch eine äußerst problematische Botschaft: dass Antisemitismus doch eine Reaktion auf besondere Merkmale des „Juden“ darstellte, angebliche Eigenheiten, die Juden „letztendlich selbst für ihr Schicksal verantwortlich machten“.(9) Zusammen mit der Idee von Juden als wertvollen Kulturträgern begannen diese Vorstellungen neue, unpersönliche und realitätsferne Abstraktionen von „Jude“ zu formen, die die Bekämpfung des Antisemitismus subtil unterminierten. Die Politologin Eleonore Sterling schuf Mitte der Sechzigerjahre für diese Figuration den Ausdruck „philosemitische Idole“, die das Fremdartige und Anders-Sein der Juden unterstrichen.(10) In einer kritischen Analyse der „Aufarbeitung“ hatte Theodor Adorno bereits 1959 gewarnt: “Lobreden auf die Juden, welche diese als Gruppe absondern, geben selber dem Antisemitismus allzuviel vor.“ Auch die „Hinwendung“ zu Juden und Israel gehe von fragwürdigen Annahmen aus: “Ich glaube auch nicht, daß durch Gemeinschaftstreffen, Begegnungen zwischen jungen Deutschen und jungen Israelis und andere Freundschaftsveranstaltungen allzu viel geschafft wird, so wünschbar solcher Kontakt auch bleibt. Man geht dabei allzu sehr von der Voraussetzung aus, der Antisemitismus habe etwas Wesentliches mit den Juden zu tun und könne durch konkrete Erfahrungen mit Juden bekämpft werden ”.(11)

Dass Philosemitismus kein harmloses Phänomen ist, zeigen die Erfahrungen der Fußballklubs Tottenham Hotspur und Ajax Amsterdam. Die Fan-Clubs der Vereine entwickelten in den Siebzigerjahren einen Fahnen schwingenden Philosemitismus, eingegeben von der Bewunderung für Israels militärische Erfolge, und dichteten den Clubs, und sich selbst, eine Identität als „Super-Jude“ an. Jüdische Organisationen und israelische Medien reagierten positiv, zumindest solange israelische Fahnen geschwungen wurden. Erst mit der Zweiten Intifada, mit der Zunahme antisemitischer Sprechköre und dem Gebrauch nationalsozialistischer Symbole bei den Fans rivalisierender Clubs, wurden sich jüdische Organisationen der Gefahren bewusst und begannen das Phänomen zu bekämpfen.(12)

2. Das deutsche Israelbild
Die transformatorische Logik der Vergangenheitsbewältigung erfasste neben dem „Deutschen“ und dem „Jüdischen“ auch das Bild Israels. Deutsche begannen eine Geschichte über Israel zu erzählen, die die neuen Selbstbilder des eigenen Landes spiegelte und verstärkte, und umgekehrt. Einer der Wegbereiter dieser Erzählungen war der liberale Politiker Erich Lüth, der 1951 mit drei Gleichgesinnten die „Aktion Friede mit Israel“ gegründet hatte und 1953 als einer der ersten Bundesbürger auf Einladung der Regierung in Jerusalem Israel besuchte und darüber einen Bericht schrieb. Lüth hatte seine Landsleute zuvor zur Annäherung an die „jüdische Restgemeinde in Deutschland“ und an Israel aufgerufen. Die Deutschen müssten die „Bereitschaft zur Wandlung“ öffentlich bekennen. „Damit sollten sie die Rückkehr Deutschlands in die Familie der freiheitlichen Völker vom Makel der Verhaftung an Hitlers mörderische Ideologien zu befreien suchen.“(13)

Lüths Reisebericht enthält Elemente, die den Diskurs über Juden und Israel bis heute kennzeichnen. Lüth nahm die jüdischen Bürger Israels nicht mehr als „Juden“ wahr, sondern als „neue Menschen“, die von den negativen Assoziationen des Diasporatums befreit waren. Hier vermischten sich die Wunschbilder des Zionismus mit denen einer Gesellschaft, die jetzt eine Transformation vom Antisemitismus zum Philosemitismus herbeiwünschte. „Die letzten Reste des Ghettos, die bis in die volle Emanzipation und bis in die Assimilierung fühlbar blieben, haben sich im neuen Staat Israel in ein Nichts verflüchtigt.“ Lüth schrieb über die „alten“ Juden als „ruhelose Wanderer“, vom „jüdischen Typus“, von „jenen alten Merkmalen“, die „teils durchaus positiv“ waren, aber nun endlich, nach der „Heimkehr in das Land der Väter“, verschwunden waren. Diese Logik formte eines der Bindeglieder zwischen der Ideologie Israels und dem Geist der Vergangenheitsbewältigung in Deutschland.

Der „Prototyp des neuen Israeli“, schrieb Lüth, ist „der Typus der Aufrechten, Starken, Selbstbewussten, körperlich und geistig Beweglichen, der Zähen und im Ringen ums Dasein Tapferen.“ Lüth benutzt Begriffe wie „Land Israel“ und „Volk Israel“ und legt damit die Quellen seiner Impressionen bloß: die israelischen Selbstdarstellungen der Zeit und die zionistischen Mythen über die Kongruenz von jüdischem Volk, jüdischem Land und jüdischem Staat. Es sind diese spezifisch deutschen Wunschbilder von Israel, mit denen Lüth den israelischen Exzeptionalismus als Gegensatz zum deutschen Nationalismus stilisiert: das Streben nach einem auf ethnischer Basis definierten Staat für Juden und die Mittel, die dabei angewendet wurden, stellen den anständigen Nationalismus dar. Das Prinzip des Völkischen, die Organisation von Staat und Gesellschaft um eine ebenso mythische deutsche Volksgemeinschaft, ist das Vergangene, Verwerfliche.(14)

Die Verklärungen, die den Reisebericht kennzeichnen, wurden in den folgenden Jahren zum festen Teil des Gesprächs über Juden und Israel und, indirekt, über die entstehenden Selbstbilder der jungen Bundesrepublik. Dieser Diskurs passte nicht nur zu den politischen und wirtschaftlichen Interessen Deutschlands und Israels. Die Idolisierung Israels und eines neuen, durch Israelis repräsentierten jüdischen Anti-Typen korrespondierte auch mit einer umfassenderen Bewältigungsstrategie, die sich in der schnellen Identifizierung mit Siegern und Opfern ausdrückte und in den Sechzigerjahren zu der Popularität von Figuren wie Anne Frank und Moshe Dayan führte. Diese Strategien unterminierten in den Augen von Kritiker eine tiefere Auseinandersetzung mit der NS-Zeit oder kamen einer Abwehrhaltung gleich.(15)

Lüth führte auch den Topos der „Fruchtbarmachung der Wüste“ in den deutschen Israel- Diskus ein: die Idee von der Vernachlässigung des Bodens durch die arabische Bevölkerung und die Erlösung durch die jüdische; von den Juden als die eigentliche Urbevölkerung, die den „Boden der Väter“ wieder in Besitz nehmen; und von den komplementären Mythen über das Diasporajudentum, das sich nach „jahrhundertelangem Gastdasein“ wieder ein „eigenes Dach über dem Kopf gezimmert“ habe. Die Idee vom Gastdasein der Juden in Europa bedingte die Vorstellung von Arabern als eine Gastbevölkerung in Palästina.

Der Reisebericht wurde zur Pflichtlektüre für bundesdeutsche Schüler, die ab den Sechzigerjahren nach Israel geschickt wurden. Bei der Verabschiedung einer Reisegruppe sprach der Frankfurter Oberbürgermeister Werner Bockelmann von Israel-Aufenthalten als einem „unvergleichlichen politischen Anschauungsunterricht“. Die alten Naziargumente, „Juden seien Ausbeuter und Halsabschneider, sie scheuten körperliche Arbeit, seien feige und verschlagen, konnten in Israel leicht widerlegt werden. Was die Juden beim Aufbau ihres Staates geleistet und erreicht hatten, war ein schlagendes Beispiel des Gegenteils.“ (16)

Im Frühjahr 1960 erhielt der Diskurs über Juden und Israel eine neue Wendung – durch die Gefangennahme und Entführung Adolf Eichmanns durch den israelischen Geheimdienst. Die Entführung und das Gerichtsverfahren, das 1961 in Jerusalem folgte, gaben Israel die Möglichkeit, den Staat und die zionistischen Geschichtsauffassungen einem internationalen Publikum auf dramatische Weise nahe zu bringen. Hunderte Journalisten strömten nach Jerusalem und beschrieben das Land in dem Zusammenhang, in dem die Regierung es präsentieren wollte: als Zufluchtsstätte der Holocaust-Überlebenden und als einen Staat, dessen Handeln durch den Holocaust legitimiert war.

Entführung und Prozess sollten als Anschauungsunterricht im Holocaust-Ethos dienen, den auf den Holocaust bezogenen politischen und moralischen Maximen, die den Staat zu bestimmten Handlungen legitimierten. Der unrechtmäßige Akt der Entführung im Namen eines höheren Rechtsprinzips schien dafür besonders geeignet. Während der Verhandlungen selbst, die aus der Jerusalemer Stadthalle live in die ganze Welt übertragen wurden, ergriffen israelische Politiker immer wieder die Gelegenheit, den Staat Israel als das Land der Rettung und Erlösung zu präsentieren, während sie die Diasporageschichte als die Stätte von Verhängnis und Untergang darstellten. Der Prozess half, jenes Narrativ zu verfestigen, das den Nahostkonflikt aus dem Kontext eines kolonialen Konfliktes über Territorium und Selbstbestimmung in den europäischen Geschichtsraum von Judenhass und Judenverfolgung verpflanzte.

In Deutschland befasste sich die Presse vor allem mit dem „sensationellen Akt der Ergreifung“. Die Zeitungen behandelten den Fall zwar als Menschenraub, aber die Meinung überwog, dass „angesichts dieses unvergleichbaren Ausnahmefalles die Sympathie nicht dem Entführten, sondern den Entführern gehöre“.(17) Auch israelische Regierungsstellen und die Presse stellten diesen Aspekt heraus. Der „Unvergleichbarkeit“ des Holocaust legitimiere die Ausnahmehandlungen des Staates, ja lege Israel geradezu eine Pflicht dazu auf, argumentierte Ben Gurion in einem offenen Brief an Nachum Goldmann, der zu den Befürwortern eines internationalen Gerichtsverfahrens gehörte. Während sich einige Intellektuelle in Israel und in westlichen Ländern gegen die „Selbstjustiz der Opfer“ (Martin Buber) aussprachen, wertete die überwiegende Meinung in der Bundesrepublik, wie in anderen westlichen Ländern, die Eichmann-Episode als Zeichen des israelischen Exzeptionalismus, der sich aus dem Exzeptionalismus der jüdischen Geschichte und des Holocaust ableitete und dem jüdischen Staat und Juden bestimmte Privilegien einräumte.(18)

Der Juni-Krieg von 1967 zwischen Israel und den Nachbarstaaten löste in der Bundesrepublik eine Welle der Solidarität mit dem jüdischen Staat aus. Tausende Bundesbürger schrieben in diesen Tagen Briefe an die israelische Botschaft in Bonn und an den Botschafter Asher Ben-Natan, der die Briefe kurz nach seiner Abberufung 1969 veröffentlichte. Die Briefe geben die deutschen Wunschbilder vom jüdischen Staat und von der Läuterung der „Deutschen“ wieder, spiegeln aber auch die Bilder, die Israel über sich selbst entwarf und verbreiten wollte. Aus den Briefen sprechen alte Wir-Konstruktionen über das „deutsche Volk“, das wie selbstverständlich keine Juden umfasste, und die umgekehrten Stereotypen von den edlen und tapferen Juden. Auch Botschafter Ben-Natan erkannte im Junikrieg einen wichtigen Wendepunkt. Deutschland habe 1967 in Israel Neues entdeckt, „Charakterzüge, die dem Deutschen am Herzen liegen: Mut, Tapferkeit, Fleiß und Zuverlässigkeit“. Dies sei die erste „richtige Wahrnehmung“ gewesen und sie habe die weit verbreitete, „von Vorurteilen belastete Meinung über Juden“ endlich korrigiert.(19)

Einen überraschend großen Teil seiner 1971 veröffentlichten Briefsammlung widmete Ben- Natan einem neuen Phänomen, oder dem, was er als ein neues Phänomen ausgab – der Kritik von Deutschen an Israel. Nur etwa „1,5 Prozent“ der Briefe seien es gewesen, die „an Israel oder an meiner Person Kritik übten oder ihren antisemitischen Neigungen Ausdruck geben wollten“, schrieb der Botschafter in seiner Einleitung. Für ihn hätten diese „ablehnenden Briefe“ trotzdem ein besonderes Problem dargestellt. „Ich habe ihnen bei der Auswahl einen großen Raum eingeräumt, weil ich glaube, dass der Prozentsatz solcher Ansichten in der Bundesrepublik größer ist, als es sich in den Briefen ausdrückt.“(20)

Die bemerkenswerte Entscheidung dieses hohen israelischen Diplomaten, ein Drittel des fast 400 Seiten umfassenden Bandes der Veröffentlichung von „kritisch-ablehnenden und antisemitischen Briefen“ zu widmen, stand in einem besonderen Zusammenhang: der israelischen Presse- und Informationspolitik, die sich seit Mitte der Sechzigerjahre darum bemühte, Kritik an israelischer Politik in der westlichen Öffentlichkeit mit dem Makel des Antisemitismus zu behaften. Diese Strategie wurde zuerst in den USA angewendet, wo Israel sich seit der Präsidentschaft Kennedys um die Festigung eines anfangs noch brüchigen politischen und militärischen Bündnisses bemühen musste. Israel begriff Kritik an seiner Politik, auch von jüdischer Seite, als existenzielles Problem und bekämpfte sie mit einem der wirkungsvollsten Mittel, die dem jüdischen Staat zur Verfügung standen – dem Antisemitismusvorwurf.

Während der Amtszeit von Avraham Harman, der von 1959 bis 1968 als israelischer Botschafter in Washington diente, wurde in diese Diffamierungsstrategie viel investiert. Der damalige Washington-Korrespondent der israelischen Tageszeitung Haaretz, Amos Elon, erzählte gerne eine Anekdote über dieses ihm damals äußerst bizarr erscheinende Phänomen, das später zum Allgemeingut der Nahost-Debatten wurde. In den frühen Sechzigerjahren interviewte er einen hohen israelischen Diplomaten, der kurz davorstand, von seinem Washingtoner Posten nach Israel zurückzukehren. Auf die Frage, was er als seinen wichtigsten Erfolg in Washington betrachte, antwortete der Diplomat: „Ich habe die Amerikaner davon überzeugen können, dass Anti-Zionismus Antisemitismus ist.(21)

Je weniger sich die komplexen Ursachen und Wirklichkeiten des Nahostkonflikts mit den transformatorischen Idealisierungen des deutschen Diskurses deckten, desto mehr mussten die Grenzen bewacht werden. In der Bundesrepublik wurde das Bild von Israel und vom Ursprung und der Dynamik des Konflikts zunehmend von Themen und Strategien bestimmt, die ihre Quelle im Jerusalemer Außenministerium oder bei Organisationen hatten, die sich mit der Bekämpfung „palästinensischer Propaganda“ oder der Verteidigung des „Existenzrechts Israels“ befassten. So wurde der neue Diskurs über Juden und Israel, der als Verwandlung des „Deutschen“ begann, allmählich zum politischen Besitzstand des jüdischen Staates, der verteidigt werden musste. Diese Entwicklung war in gewissem Maße unumgänglich. Der Diskurs basierte auf gemeinsamen Identitätskonstruktionen, auf spezifisch deutschen Wunschbildern von Israel und auf reziproken israelischen Vorstellungen über ein geläutertes Deutschland, die voneinander abhängig waren.

3. Vergangenheitsbewältigung und Erinnerungsarbeit
Für viele Juden in Deutschland enthielt der pro-jüdische und pro-israelische Diskurs und die entstehenden Partnerschaften zwischen der Bundesrepublik und Israel eine äußerst positive Botschaft. Er enthielt allerdings auch Versprechen, die kaum einzulösen waren. Das galt vor allem für den nicht zufällig immer wieder als „neu“ deklarierten, altbekannten Antisemitismus. Antisemitismus als soziales Vorurteil und als politisches Instrument war auch in der Bundesrepublik weiter existent und, trotz aller rhetorischen Anstrengungen, offenbar nicht so schnell auszurotten. Antijüdische Handlungen und Äußerungen ließen sich zwar sanktionieren und konnten bis zu einem gewissen Grad aus der Öffentlichkeit verbannt werden, aber damit war das Instrumentarium der akuten Antisemitismusbekämpfung schon erschöpft.

Der beste Weg zu Reduzierung der Vorurteile war die langfristige Bildungs-, Aufklärungs- und “Erinnerungsarbeit“. Sie gehörte auch zum Instrumentarium des Wandels, aber wurde von einigen Aspekten der „Vergangenheitsbewältigung“ selbst behindert und unterminiert. Da war in erster Linie die fortbestehende Bestimmung von Juden als „Juden“ und die Ausrichtung der Erinnerungskultur auf jüdische Opfer. Die Erinnerung an „Auschwitz“, die bis heute im Vordergrund der Vergangenheitsbewältigung steht, rief viel unterschwelligen Widerstand hervor und trug dazu bei, die Vergangenheitsbewältigung mit dem Stigma einer „undeutschen“ Erinnerung zu belegen. Das Narrativ der „Tätergesellschaft“, ohnehin simplifizierend und bemäntelnd, schlug sich bald in Ressentiments nieder, die als „sekundärer“ Antisemitismus bezeichnet wurden.(22)

Kritiker der Vergangenheitsbewältigung begannen mehr oder weniger subtil auf Juden als angebliche Nutznießer und Drahtzieher hinter der „Fremdbestimmung“ der Erinnerung an den Weltkrieg zu weisen. So sprach der Schriftsteller Martin Walser 1998 von der „Instrumentalisierung unserer Schande zu gegenwärtigen Zwecken“, von Auschwitz als „Drohroutine“, als „jederzeit einsetzbares Einschüchterungsmittel oder Moralkeule“. Walser beklagte die Exzesse der Erinnerungskultur, vertreten durch den „fußballfeldgroßen Alptraum, die Monumentalisierung der Schande“ (23) des Holocaustdenkmals in Berlin. Der Literaturwissenschaftler Matthias Lorenz stellte später fest, dass Martin Walser auch in seinen Werken versucht habe, „den Opferstatus von jüdischen Figuren zu demontieren und durch die Andeutung eigener Täterschaft zu ersetzen, während die Angehörigen des Tätervolks als stille Opfer der Geschichte repräsentiert werden“.(24) Walser gehörte zu einem breitem Spektrum an Meinungen, die eine „deutsche“ Erinnerung an Nationalsozialismus, Krieg und den deutschen Opfern stärken und es vom „jüdischen“ Erinnern unterscheiden wollten.

Der ostentative Philosemitismus und die Zuspitzung der „Aufarbeitung“ der deutschen Geschichte auf Holocaust und Antisemitismus kollidierte im Laufe der Jahrzehnte auf vielen Ebenen mit gegenläufigen Tendenzen: in den sozialen Spannungen zwischen den westdeutschen Eliten in Politik und Medien, die sich zu „Juden“ und „Israel“ hinwendeten, und Teilen der Bevölkerung, die unterschwellig eine eigene Erinnerung pflegten, in denen nicht Juden sondern Deutsche als die hauptsächlichen Opfer erschienen.(25) Zwischen Befürworten einer liberalen Gesellschaft, die schon im Kaiserreich und in der Weimarer Republik Antisemitismus als Instrument antidemokratischer Strömungen identifizierten,(26) und deutschen Nationalisten verschiedenster Couleur, die Juden als Internationalisten oder als Gefahr für das „Deutsche“ darstellten; und in der Auseinandersetzung über die Position des Holocaust in der europäischen Geschichte und der deutschen Geschichtsschreibung. Nach der Wiedervereinigung traf die „Vergangenheitsbewältigung“ als ideologischer Wegbereiter der Westintegration auf eine Geschichtspolitik und Erinnerungskultur in der ehemaligen DDR, die auf Ostintegration und die Erinnerung an die Opfer des kommunistischen Widerstand und der Roten Armee gesetzt hatte.

In den neuen Bundesländern musste nicht nur der Umgang mit der westlichen Erinnerungskultur gelernt werden, sondern auch das Gespräch über „Juden“ als Stellvertreter des „Anderen“. Diese Elemente galten in der alten Bundesrepublik als Symbol der gesellschaftlichen Erneuerung, im Osten allerding mussten sie als Symbole der Dominanz des Westens erscheinen. Die „undeutsche“ Erinnerungskultur mit ihrer Ausrichtung auf „Juden“ wurde zur Zielscheibe fremdenfeindlicher und rassistischer Strömungen. Juden erschienen in Verschwörungstheorien wieder in der Rolle der Drahtzieher, diesmal von einer „Umvolkung“ Deutschlands. Das Ideal eines Deutschlands diverser Religionen und Ethnizitäten war im westdeutschen Diskurs immerhin mit Juden verbunden. So blieb die Rolle von „Juden“ als homogenes Subjekt einer Ideologie, die auf die Beseitigung des Stigmas „deutsch“ zielte und dabei explizit und implizit „deutsch“ unter den Vorzeichen einer politischen Wandlung als Kollektiv neu konstruiert wollte, auch weiter aktuell.

4. Auf gepackten Koffern

In den letzten zwanzig Jahren hat Antisemitismus als Thema unter Juden unverkennbar an Bedeutung zugenommen. Medien wie der New Yorker „Forward“, der Londoner „Jewish Chronicle“, das Amsterdamer „Het Nieuw Israëlietisch Weekblad“ oder die Berliner „Jüdische Allgemeine“ widmen seit geraumer Zeit einen großen Teil ihrer Berichterstattung und Kommentare dem, was als stark zunehmender Antisemitismus und Anti-Israelismus dargestellt wird. Auch außerhalb jüdischer Medien und Netzwerke wird dem Thema mehr Aufmerksamkeit geschenkt. Im Rahmen eines größeren Projekts hatte ich 2011-2018 Gelegenheit, mit etwa hundert jüdischen Bürgern in Deutschland, Frankreich, Belgien, den Niederlanden und Großbritannien Gespräche darüber zu führen. Vor allem bei meinen deutschen Gesprächspartnern schälte sich ein deutliches Muster heraus: die großen Unterschiede zwischen positiven Erfahrungen im persönlichen Bereich und den Wahrnehmungen der Gesellschaft, die (wieder) als stärker bedrohlich und feindlich empfunden wurde.(27)

Die Uniformität dieser Erzählungen wirft Fragen auf. Warum wurde die eigene Umgebung als sicher, die Gesellschaft allgemein aber als gefährlich empfunden, und welchen Einfluss hatten die Veränderungen im Antisemitismus-Diskurs darauf? 1982 versursachte eine Antisemitismus-Studie einiges Aufsehen, die diese Diskrepanz zum ersten Mal in Zahlen ausdrückte. Die Studie hatte neben einer repräsentativen Gruppe in der Bevölkerung zum ersten Mal auch Juden über ihre Wahrnehmung des Antisemitismus befragt.(28) Die Umfrage unter fast 400 Juden in der Region Düsseldorf-Köln-Bonn ergab, dass zwischen Zweidrittel und Dreiviertel der Befragten nie oder nur selten persönliche anti-jüdische Erfahrungen gemacht hatten. Einer der Befragten sagte zum Beispiel: „Ich merke keine direkten Vorurteile, aber es liegt in der Luft, man spürt es ganz deutlich.“ Ein anderer erzählte: „Man spürt eigentlich nicht das geringste, aber man hat doch irgendwie das Gefühl, auf einem Pulverfass zu sitzen.“

Trotz der positiven Wahrnehmungen im Nahbereich war die Einschätzung der Befragten hinsichtlich des Umfangs antijüdischer Ressentiments in der Bundesrepublik überraschend hoch. Fast 80% schätzte die deutsche Bevölkerung als mäßig oder stark antisemitisch ein. Die Verfasser der Studie beurteilten diese unterschiedlichen Wahrnehmungen als die Tendenz, die eigenen Erfahrungen zu verharmlosen und sie auf den kollektiven Bereich zu verlagern, und warfen den Juden wie der deutschen Gesellschaft eine „Verharmlosungstendenz“ gegenüber Antisemitismus vor. (29)

Andere Antisemitismus-Studien der Jahre 1946-1989 zeigen, dass nach einer Schamperiode in der direkten Nachkriegszeit unter etwa 15% der Bevölkerung ein antisemitisches Weltbild vorherrschte, zusätzlich etwa ein weiteres Drittel unter Vorurteilen litt und somit bei ca. der Hälfte der Bevölkerung in unterschiedlichem Maße anti-jüdische Vorurteile vorhanden waren. Die Befunde blieben in vier Jahrzehnten konstant und passten zu dem, was in dieser Periode aus anderen Ländern bekannt ist. Auch in den USA, in Frankreich und England ließen sich bei 40-50% der Bevölkerung in unterschiedlichem Maße Vorurteile gegenüber Juden feststellen.(30) In der Bundesrepublik führten diese Ergebnisse allerdings zu heftigen Reaktionen. Die verständliche Erwartung war, dass gerade in Deutschland nach dem Holocaust eine gewisse Läuterung hätte stattfinden müssen.

Die Studie von 1982 war Teil einer neuen Gegenerzählung zur „Vergangenheitsbewältigung“ und bildete zusammen mit anderen kritischen Äußerungen eine neue „jüdische“ Stimme. Diese Stimme war nicht jüdisch im herkömmlichen Sinne, sondern in ihrer Positionierung gegenüber „deutsch“ als Kollektiv. Im Gegensatz zu dem durch Politik und Mainstream-Medien erzeugten Bild sei der Antisemitismus in der Bundesrepublik, so die Vertreter dieser neuen Tendenz, sowohl unter Rechten wie Linken stark verbreitet. Besondere Zielscheibe des Protests war der Antisemitismus unter Linken und der vermeintlich antisemitische Israel-Diskurs in der BRD. Bei der „jüdischen“ Stimme stand vor allem die These vom Deutschen als dem „Ewigen Antisemiten“ im Vordergrund, der sich von allem Jüdischen nach „Auschwitz“ provoziert und erniedrigt fühlte. (31)

Die kollektiven Muster dieses Diskurses tauchten auch mehr als zwanzig Jahre später bei fast allen meinen deutschen Gesprächspartnern auf. Während die eigenen Erfahrungen als sehr positiv eingeschätzt wurden, fiel das Urteil über die „Deutschen“ insgesamt negativ aus. Wichtigster Grund: die angeblich negative Berichterstattung über Israel in deutschen Medien und die negative Haltung gegenüber Juden, die sich darin spiegele. Diese Israelisierung des Antisemitismus-Diskurses zeigte sich auch in einer großen Distanz zur „deutschen“ Gesellschaft und der Nähe zu Israel, eine Besonderheit, die auch Umfragen unter Juden in Deutschland immer wieder bestätigen.(32) In der Verbundenheit mit Israel und der großen Reserviertheit gegenüber Staat und Gesellschaft im eigenen Land bilden Juden in Deutschland eine Ausnahme in Europa, selbst im Vergleich zu Juden in Frankreich, wo eine ähnliche Nähe zu Israel zu verzeichnen ist, allerdings auf einem anderen Hintergrund.(33)

Dieses Syndrom der „gepackten Koffer“ als Kennzeichen der jüdischen Bevölkerung in Deutschland ist seit 70 Jahren überraschend konstant. Während sich die Zusammenstellung der jüdischen Bevölkerung drastisch veränderte, blieben die Wahrnehmung von Antisemitismus und die damit verbundenen Sorgen ein Grund, sich weiterhin in Deutschland fremd zu fühlen. Hier wird eine der einschneidensten Folgen jüdischer Alterität sichtbar, die von der „Vergangenheitsbewältigung“ gefördert und von einem israelisierten Antisemitismus-Diskurs instrumentalisiert wurde. 2014 zeigte eine Studie unter Kindern aus „gemischten“ Ehen zwischen Juden und Nichtjuden in der Bundesrepublik, dass auch für diese fragile Schwellengruppe Wahrnehmungen von Antisemitismus für ihre Identität ausschlaggebend blieben. (34)

Die Berichterstattung über Israel, Antisemitismus und vor allem über anti-jüdische Anschläge nimmt in der Bunderepublik traditionell einen besonderen Platz ein. Das gilt sowohl für die Quantität wie die kollektiven Qualifizierungen von „Juden“ und „Israel“ als bedrohte Subjekte. Wie die Sicherheitsmaßnahmen vor Synagogen und Einrichtungen erinnert auch diese Art der Berichterstattung Juden täglich daran, dass sie eine besondere Position als „Juden“ einnehmen und jederzeit Ziel von tödlichen Angriffen sein können. Zudem werden Ängste, und vor allem Ängste vor Muslimen, von verschiedenen Narrativen geschürt: vom Antisemitismus-Diskurs in Israel, von rechten Parteien in Europa, aber ungewollt auch von denen, die sich dem Kampf gegen Antisemitismus verschrieben haben.

Jüdische Medien spielen dabei eine besondere Rolle. Beginnend mit den Anschlägen in Israel während der Zweiten Intifada wurden gerade über jüdische Netzwerke die Thesen vom „neuen Antisemitismus“ verbreitet, die auf sehr problematische Weise die Antisemitismus-Erfahrungen in der Diaspora mit den Erfahrungen von Krieg und Anschlägen in Israel verbanden und damit äußerst wichtige Unterschiede verwischten. Dass diese Antisemitismus-Narrative schnell mit anderen Elementen jüdischer Identität verschmolzen, kam kürzlich sehr treffend in einer Abonnenten-Werbung des „Forward“ zum Ausdruck. Der Inhalt des Blattes wurde so angepriesen: „Antisemitismus, Humus und alles, was dazwischen liegt“.(35)

Eine ähnliche Wirkung geht von den Zahlen der „Antisemitismus-Monitore“ aus, die jährlich in vielen europäischen Ländern veröffentlicht werden. Sie geben die Arbeit zivilgesellschaftlicher Meldestellen wieder, die anti-jüdische Vorfälle und Äußerungen sammeln und damit ein oft alarmierendes Bild der Zunahme von Antisemitismus zeichnen. Die Statistiken, die u.a. durch Meldebereitschaft, Dunkelziffer und durch subjektive Sichtweisen sowohl der Melder wie der Zähler beeinflusst werden, enthalten allerdings mehr als nur systematische Fehler. Sie reproduzieren bekannte Narrative, anstatt sie durch methodische fundierte Forschung zu befragen.

Die Meldungen über Zunahme und das Auftauchen neuer Antisemitismen in Bezug auf Israel stehen im Gegensatz zu den Aussagen der Sozialforschung, die seit Jahrzehnten die Haltung von Bürgern gegenüber Juden ermittelt und keine starke Zunahme der Vorurteile in der Gesellschaft sehen lässt. Eine gezielte Umfrage zum Thema „Israelkritik“ 2010-2012 ergab zudem, dass die Schnittmenge zwischen antisemitischem Denken und Kritik an Israel in der Bundesrepublik klein ist. Bei einer Mehrheit der Deutschen ginge diese Kritik gerade mit einer deutlichen Ablehnung von antisemitischen Stereotypen gepaart, schrieb der Autor der Studie, Wilhelm Kempf.(36)

Trotz der großen medialen Aufmerksamkeit für Umfragen und Zähl-Projekte wird selten erwähnt, dass Wahrnehmungen von Antisemitismus unter Juden sich nur schwer quantifizieren lassen. Das liegt unter anderem an methodologischen Problemen, die von der demografischen „Unsichtbarkeit“ von Juden verursacht wird. Die meisten europäischen Staaten registrieren zum Beispiel weder Herkunft noch Religion ihrer Bevölkerungen, noch können jüdische Gemeinden Sozialforschern Namenlisten bieten, von denen eine willkürliche Auswahl getroffen werden könnte. Um Juden zählen oder befragen zu können, greifen Forscher schon lange zu unkonventionellen Methoden. So suchen sie nach jüdischen Namen im Telefonbuch, rufen an und fragen „Sind sie Jude?“.(37) Oder sie befragen schon jahrzehntelang dieselben Menschen und extrapolieren die Veränderungen. Soweit ist das Problem der Unsichtbarkeit inzwischen gediehen, dass bei einer großen, 2012 von der European Union Agency for Fundamental Rights (FRA) in Auftrag gegebenen Umfrage zu subjektiven Erfahrungen mit Antisemitismus zu einer Notlösung gegriffen werden musste. Der erste Versuch, eine repräsentative Zahl von Juden in acht ausgewählten europäischen Ländern zu finden, scheiterte. Im zweiten Anlauf wurden Juden über jüdische Medien und Organisationen aufgefordert, einen Fragebogen online auszufüllen. Fast 6.000 europäische Juden, die sich selbst als Juden identifizierten, über jüdische Netzwerke erreichbar waren und aus eigenen Motiven heraus über dieses Thema berichten wollten, berichteten über ihre Erfahrungen mit Antisemitismus. Dieses Auswahlverfahren hatte natürlich Folgen. Der Anteil derjenigen, die Antisemitismus als großes Problem empfanden (66%) oder Antisemitismus in Europa anwachsen sahen (76%), war entsprechend hoch. Der Prozentsatz der Teilnehmer, die selbst verbalen oder physischen Attacken ausgesetzt waren, lag hingegen zwischen 3 und 5%, also bei einem Anteil, der früheren Studien entspricht.(38)

Die Methode der FRA-Studie wurde von den beteiligten Forschern als problematisch eingeschätzt, allerdings nur in der Fachliteratur.(39) In der allgemeinen Öffentlichkeit übten die Ergebnisse der Studie hingegen großen Einfluss aus. Im Frühjahr 2018 ließ die Europäische Grundrechte-Agentur eine zweite Umfrage unter 16.000 Juden in 12 Staaten ausführen. Auch diesmal wurde der Aufruf zur Ausfüllung des Online-Fragebogens über jüdische Organisationen verteilt, mit als Folge dieselben Wahrnehmungen auf Basis der gleichen Stichprobenverzerrung: Selbstbeteiligung; Überrepräsentation von Teilnehmern, die durch jüdische Medien motiviert und informiert waren; und der starken Unterbeteiligung von Nichtmitgliedern jüdischer Gemeinden und Organisationen – etwa die Hälfte der Juden Europas. Auch hier wurden, ebenso wie bei den Meldestellen-Zahlen, bekannte Wahrnehmungsmuster reproduziert, ohne die beschränkte Aussagekraft dieser Ergebnisse zu betonen. Das Gespräch über Antisemitismus in der Bundesrepublik ist damit in einen argumentativen Zirkel geraten, der von der Berichterstattung in den Medien, von den Zahlen der Meldestellen und vom Gespräch im jüdischen Umfeld genährt wird, sich dann in Umfragen ausdrückt, die wiederum ihren narrativen Niederschlag in den Medien finden.

5. Äußere und innere Feinde Israels
Ein beträchtlicher Einfluss auf das Gespräch über Antisemitismus in Deutschland geht von den Antisemitismus-Narrativen und der Instrumentalisierung der Holocaust-Erinnerung in Israel aus. 1953 war Israel der erste Staat, der per Gesetz der Holocaust-Erinnerung explizit eine bestimmte Bedeutung zuwies. Erinnert sollte werden „die Katastrophe, die die Nazis und ihre Kollaborateure über das jüdische Volk gebracht hatten und die Akte des Heldentums und der Revolte“ („Märtyrer- und Helden-Gedenkgesetz“). Die Katastrophe stand in Israel sowohl für die Schwäche der Diaspora, von denen sich der Staat zu unterscheiden suchte, wie für die Erzählungen der Selbstwehr und Selbstbestimmung, die Israel sich aneignete. Mit der Rolle Israels als Zufluchtsstätte und Schutzmacht der Juden im Ausland erhielt auch das Gespräch über Antisemitismus in der Diaspora eine prononciert politische Rolle. Die Selbstpositionierung Israels als Verteidigerin der Diaspora fand in der Darstellung des Juni-Krieges 1967 als „Antithese zur Katastrophe der Galut“ (Kimmerling) ihren Höhepunkt. (40) Mit dem Beginn der Besiedlung der Besetzten Gebiete, dem umstrittenen Libanonkrieg von 1982 und der Ersten Intifada begann sich das israelische Antisemitismus-Narrativ auszuweiten: auf Palästinenser und auf die Kritiker israelischer Politik im In-und Ausland.

Als im Juni 1980 europäische Staaten zum erstmals zu Friedensverhandlungen mit der PLO aufriefen, lehnte Ministerpräsident Begin es ab, mit der „Arabischen SS, auch PLO genannt“ zu verhandeln. „Seit Mein Kampf hat niemand mehr so deutlich seine Absicht erklärt, die jüdische Nation vernichten zu wollen“.(41) In einer Stellungnahme während der Invasion des Libanon 1982 ging Begin noch einen Schritt weiter: „Ich fühle mich wie ein Regierungschef, der seine tapfere Armee nach Berlin führt, wo sich Hitler und seine Henker in einem Bunker tief unter der Erde eingegraben haben. Meine Generation […] hat am Altar Gottes geschworen, dass der, der seine Absicht verkündet, den jüdischen Staat oder das jüdische Volk zu vernichten, sein Schicksal besiegelt hat.“(42)

Dieser Diskurs begleitete und beschleunigte den Prozess der Umdeutungen, die den nahöstlichen Ursprung des Konflikts mit den Palästinensern bagatellisierten, ihn dem europäischen Geschichtsraum von 1933-1945 zuordneten und ihn mit Antisemitismus verbanden. Für den jüdischen Bevölkerungsteil bedeuteten diese Sinngebungen nichts weniger als eine neue, umfassende Interpretation des Konflikts und seiner Dynamik, die der arabischen-palästinensischen Seite die entscheidende Verantwortung für den Grundkonflikt zuwies. Wenn die Feindschaft gegenüber dem jüdischen Staat auf antisemitischen Einstellungen und genozidalen Absichten beruhte, war die jüdische Bevölkerung aus ihrer Verantwortung für Entstehung und Lösung des Konflikts entlassen.

Das traditionelle Bild vom Antisemitismus als „nicht behebbares“ Problem der Diaspora, wie Theodor Herzl es 1896 in „Der Judenstaat“ beschrieben hatte, entwickelte sich in diesem Kontext allmählich zu einem umfassenden Feindbild, das neben den Judenfeinden im Ausland auch die Widersacher des Staates Israels umfasste und schließlich auch die „inneren“ Feinde, die sich gegen die Besatzung und gegen rassistisch-nationalistische Ideen vom „Land Israel“ für das „Volk Israel“ aussprachen. Antisemitismus bedeutete nicht mehr allein eine Gefährdung der Juden in der Diaspora, sondern eine Gefahr für Israel, die mit Hilfe der Diaspora bekämpft werden musste. Israelische Regierungen begannen gezielt, jüdische Organisationen im Ausland für diesen Kampf zu mobilisieren.(43)

Einer der Protagonisten dieser Wandlung und Radikalisierung des Antisemitismus-Diskurses war der in den USA geborene Rabbiner Meir Kahane, Gründer der Jewish Defense League in den USA und der rassistisch-nationalistischen Kach-Partei in Israel. In seinen Reden und Schriften richtete sich Kahane (1932-1992) vor allem gegen den angeblich jüdischen Anteil am Fortbestehen des Antisemitismus. Er beklagte die Unterwürfigkeit des jüdischen Liberalismus in den USA ebenso wie den Defätismus der traditionellen israelischen Politik. Wie der US-amerikanische Rabbiner und Religionswissenschaftler Shaul Magid eindrucksvoll dargestellt hat, bezogen sich Kahanes Ideen nicht mehr auf traditionelle Vorstellungen von einem „ewigen“ Antisemitismus in der Diaspora, den Juden durch Gründung eines eigenen Staates entfliehen konnten. Inspiriert von den Ideen antikolonialer Befreiungsbewegungen war für Kahane Antisemitismus nicht mehr ein äußerer „Amalek“, ein außerhistorisches, „metaphysisches Prinzip“ (Hanna Arendt), das jüdisches Leben seit biblischen Zeiten begleitete, sondern ein verinnerlichter Feind, der auf ganz andere Weise beseitigt werden musste: durch ein Ende der „Komplizenschaft“. „Die schlimmsten Antisemiten sind die Antisemiten jüdischen Ursprungs“ schrieb er 1971 in „Nie Wieder!“ Einige Jahre später rief er dazu auf „Antisemitismus sofort zu zertreten, sobald er sich bemerkbar macht“. Das sei „die einzige Garantie für jüdisches Überleben“.(44)

Die wachsende Kritik an der Besatzung und an der Ideologie der Siedlerbewegung stärkte das Narrativ des internen Antisemitismus, vor allem bei der israelischen Rechten.(45) Die Räumung der Siedlungen im Gazastreifen und die Evakuierung von Siedlern im Sommer 2005 führte zu einer Explosion von Antisemitismus-Vorwürfen und Holocaust-Analogien. So sprach der Vorsitzende des Siedlungsverbandes Pinhas Wallerstein von einer drohenden „Deportation“ von Juden durch Juden, während Zvi Hendel, bis 2004 stellvertretender Erziehungsminister in der Regierung Sharon, die Befolgung der Räumungsbefehle durch das israelische Militär mit dem Gehorsam im Nationalsozialismus verglich: „Auch Eichmann hat nur Befehle befolgt.“ Die an der Räumung beteiligten Beamten seien „Mitglieder des Judenrates“, schrieb der rechtsgerichtete Historiker Amnon Shapira.(46)

Die Erzählung vom Antisemitismus als umfassende Gefährdung Israels, die sich in antijüdischer Hetze der Palästinenser, in vorurteilsbeladener Berichterstattung im Ausland und in einer jüdischen Komplizenschaft mit antijüdischen Interessen äußert, bewegte sich während der Krisenjahre der Zweiten Intifada vom rechten Rand des politischen Diskurses ins Zentrum. So floss das Narrativ u.a. in das Gesetz über die „Transparenz-Anforderungen für Nicht-Regierungsorganisationen“ ein, das im Juli 2016 verabschiedet wurde.(47) Das Gesetz verpflichtet NGOs, die eine großen Teil ihrer Mittel von ausländischen Organisationen und Regierungen erhalten, diese Quellen in allen Publikationen anzugeben. Wie mir der Leiter einer dieser NGOs 2019 erzählte, kommt diese Bestimmung dem Stempel „Verräter“ gleich, den er auf allen Schriften seiner Organisation selbst anbringen muss.

Diese Wandlung des Antisemitismusbegriffs in Israel hatte auch Einfluss auf den Holocaust- Diskurs. Die Umdeutung des Internationalen Holocaust-Gedenktages (27. Januar) ist dafür ein gutes Beispiel. Dieser Jahrestag der Befreiung von Ausschwitz, an dem im Ausland der Opfer des Holocaust gedacht wird, wurde in Israel 2004 zum „Tag des Kampfes gegen Antisemitismus“ umgetauft. Während der israelische Holocaust-Gedenktag, der „Tag der Katastrophe und des Heldentums“, symbolisch weiterhin im Frühjahr zwischen dem Jahrestag des Aufstandes im Warschauer Ghetto und dem israelischen Unabhängigkeitstag platziert bleibt, widmet die Regierung seit 2004 den Internationalen Gedenktag dem Problem des internationalen Antisemitismus. An diesem Tag wird jedes Jahr der Antisemitismus-Bericht des Diaspora-Ministeriums vorgelegt. Der Bericht von 2016 befasste sich auf 31 von 60 Seiten mit „anti-israelischer Hetze“.(48) Über diese Israelisierung des Antisemitismus-Diskurses schrieben ein britischer und ein israelischer Forscher 2016: „Was ist die Judenfrage heute? Gibt es überhaupt noch eine ‚Judenfrage‘, abgesehen von einer ‚Israelfrage‘?“ (49)

1 Vgl. https://opel.co.il, aufgerufen am 25. März 2020.
2 Ian Buruma, Wages of Guilt. Memories of War in Germany and Japan, London 2009, S. 19.
3 Susan Neiman, Learning from the Germans. Race and the Memory of Evil, New York 2019, S.15.
4 Brian Klug, The collective Jew. Israel and the new antisemitism, in: Patterns of Prejudice, Bd. 37, Nr. 2 2003, S.5f.
5 Houston Stewart Chamberlain, Die Grundlagen des Neunzehnten Jahrhunderts, München 1899, S. 223, 338.
6 Frank Stern, Im Anfang war Auschwitz, S. 352; Zitate Maas ebd., S. 273, 293f.
7 Rede von Landesrabbiner Robert R. Geiss, in: Hans Joachim Schoeps (Hrsg), Jüdische Geisteswelt, Köln 1960, S. 319.
8 Ludwig Rosenberg, Gewerkschaften im Nachkriegsdeutschland, in: Vom Schicksal Geprägt, hrsg. v. M.W. Gärtner, H. Lamm, E.G. Lowenthal. Düsseldorf 1957, S. 87.
9 Anson Rabinbach, Why Were the Jews Sacrificed? The Place of Anti-Semitism in the Dialectic of Enlightenment, New German Critique 81 (Herbst 2000), S.51.
10 Eleonore Sterling, Judenfreunde – Judenfeinde. Fragwürdiger Philosemitismus in der Bundesrepublik, Die Zeit Nr. 50, 10.12.1965.
11 Theodor W. Adorno, Was bedeutet: Aufarbeitung der Vergangenheit, in: Eingriffe. Neun kritische Modelle. Frankfurt/M 1963, S.125-146.
12 Daniel Cil Brecher, Der David. Der Westen und sein Traum von Israel, Köln 2011, S.230-42.
13 Erich Lüth, Wir bitten Israel um Frieden, Neue Zeitung, 30. August 1951; abgedruckt bei Kurt R. Grossmann, Die Ehrenschuld. Eine Kurzgeschichte der Wiedergutmachung, Frankfurt/M 1967, S. 187-191. Erich Lüth, Reise ins Gelobte Land, Hamburg 1953, S. 3f.
14 Ebenda, S. 11, 13, 15, 36f.
15 Inge Deutschkron, Israel und die Deutschen, Köln 1970, S. 17.
16 Zitiert bei Inge Deutschkron, ebenda, S. 171f, 190.
17 Ebenda, S. 139, 143ff.
18 Tom Segev, The Seventh Million. The Israelis and the Holocaust, New York 2000, S. 329, 361. Tom Segev, 50 years after Eichmann capture, much information still withheld, in: Haaretz 4.4. 2011.
19 Asher Ben-Natan, Brücken bauen – aber nicht vergessen. Als erster Botschafter Israels in der Bundesrepublik (1965-1969), Düsseldorf 2005, S. 111, 116.
20 Asher Ben-Natan (Hrsg.), Briefe an den Botschafter, Franfurt/M 1971, S. 14.
21 Zitat Amos Elon bei Tony Judt, Amos Elon (1926-2009), in: The New York Review of Books, Bd. 56, Nr. 11, 2. Juli 2009.
22 Daniel Cil Brecher, Die unverträgliche Erinnerung. Holocaust und kollektive Identitäten in Deutschland und Israel, in: Psychoanalyse -Texte zur Sozialforschung, Heft 1 / 2012, S. 112ff.
23 Börsenverein des Deutschen Buchhandels (Hrsg.), Friedenspreis des Deutschen Buchhandels 1998. Martin Walser. Ansprachen aus Anlaß der Verleihung, Frankfurt/Main 1998.
24 Matthias N. Lorenz, Auschwitz drängt uns auf einen Fleck. Judendarstellung und Auschwitzdiskurs bei Martin Walser. Stuttgart 2005, S. 492f.
25 Vgl. Konrad Brendler, Die NS-Geschichte als Sozialisationsfaktor und Identitätsballast der Enkelgeneration, in: Bar-On, D., Brendler, K., Hare A.P. (Hrsg.), „Da ist etwas kaputtgegangen an den Wurzeln …“. Identitätsformation deutscher und israelischer Jugendlicher im Schatten des Holocausts, Frankfurt/M 1997. S. 53-104. Welzer, H., Moller, S., Tschuggnall, K. (Hrsg.), Opa war kein Nazi. Nationalsozialismus und Holocaust im Familiengedächtnis, Frankfurt/M 2002.
26 Wolfgang Benz, Antisemitismus. Präsenz und Tradition eines Ressentiments, Schwalbach/Ts. 2015, S. 16, 46 27 Daniel Cil Brecher, Nachbarn und Fremde. Juden in Europe zu Beginn des 21. Jahrhunderts (Buchveröffentlichung in Vorbereitung). Eine Auswahl der Gespräche wurde 2012-2019 in einem halben Dutzend Sendungen des Deutschlandfunks und des Westdeutschen Rundfunk veröffentlicht. Sie lassen sich auf den Internetseiten der Sender unter dem Namen des Autors aufrufen.
28 Alphons Silbermann, Sind wir Antisemiten? Ausmaß und Wirkung eines sozialen Vorurteils in der Bundesrepublik Deutschland, Köln 1982, S. 90.
29 Ebenda, S.10.
30 Werner Bergmann, Rainer Erb, Antisemitismus in der Bundesrepublik. Ergebnisse der empirischen Forschung von 1946-1989, Opladen 1991, S. 58-62, 152.
31 Siehe u.a. Wolfgang Port, Endstation. Über die Wiedergeburt der Nation, Berlin 1982. Eike Geisel, Lastenausgleich, Umschuldung, Berlin 1984. Henryk Broder, Der Ewige Antisemit, Frankfurt 1986.

32 Siehe z.B. Walter W Jacob Oppenheimer, Über die jüdische Jugend im heutigen Deutschland. Eine sozialpädagogische Studie, München 1967, S.126ff. Eliezer Ben-Rafael, Yitzhak Sternberg, Olaf Glöckner, Juden und jüdische Bildung im heutigen Deutschland. Eine empirische Studie im Auftrag des L.A. Pincus Fund for Jewish Education in the Diaspora, Jerusalem 2010, S. 80.

33 Erik H. Cohen, The Jews of France at the Turn of the Third Millennium. A Sociological and Cultural Analysis, Ramat Gan 2009, S. 67.
34 Julia Bernstein, „Ab und zu Kosher, ab und zu Shabbat”. Eine Studie zu Identitäten, Selbstwahrnehmungen und Alltagspraktiken von Kindern aus „mixed families“ in Deutschland, Oxford 2014, S. 20ff, 40.
35 “Forward. Fiercely independent Jewish journalism. Anti-Semitism. Hummus. And everything in between.” Werbe-Email, verschickt am 16. März 2020 von subscriptions@e.forward.com.
36 Wilhelm Kempf, Antisemitismus und Israelkritik. Diskussionsbeiträge der Projektgruppe Friedensforschung Konstanz, Nr. 79, 2017, S. 7.
37 Hanna van Solinge, Carlo van Praag, De Joden in Nederland anno 2009, Diemen 2010, S. 2ff.
38 European Union Agency for Fundamental Rights, Discrimination and hate crime against Jews in EU Member States. Experiences and perceptions of antisemitism, Wien 2013, S. 11f. Zu den Problemen der Methodologie: Jonathan Boyd, Jewish life in Europe: Impending catastrophe, or imminent renaissance? London (Institute for Jewish Policy Research) Februar 2013, S. 9-11.
39 Sergio DellaPergola, L.D. Staetsky, Perceptions and experiences of antisemitism among Jews in Italy. London (Institute for Jewish Policy Research) Februar 2015, S. 4.
40 Baruch Kimmerling, The Invention and Decline of Israelness. State, Society and the Military, Berkley 2001, S. 94, 113.
41 The EEC’s Venice statement. BBC Summary of World Broadcasts, June 17, 1980. LexisNexis Academic database, aufgerufen 19. Mai 2011.
42 Compares Arafat To Hitler. The Associated Press, August 4, 1982. LexisNexis Academic database, aufgerufen 19. Mai 2011.
43 John J. Mearsheimer, Stephen Walt, The Israel Lobby and U.S. Foreign Policy, New York 2007, S. 121ff.
44 Shaul Magid, Antisemitism as Colonialism. Meir Kahane’s “Ethics of Violence”, in: Journal of Jewish Ethics, Bd. 1 November 2015, S. 5f, 16.
45 Vgl. Idith Zertal, Akiva Eldar, Die Herren des Landes. Israel und die Siedlerbewegung seit 1967, München 2004, S. 361ff.
46 Yair Sheleg, The battle of the `Jews‘ vs. the `Israelis‘. Haaretz 17. 8. 2005.
47 Vgl. https://m.knesset.gov.il/EN/News/PressReleases/pages/Pr12164_pg.aspx , aufgerufen am 25.März 2020. 48 Ministry of Diaspora Affairs. Report on: Antisemitism in 2016. Overview, Trends and Events. http://www.mda.gov.il/Antisemitism/Pages/Antisemitism.aspx, aufgerufen am 25. März 2020.
49 Toby Greene, Yossi Shain, The Israelization of British Jewry: Balancing between home and homeland, in: The British Journal of Politics and International Relations, Bd 18 Nr.4. 2016, S.848

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